Wie immer fange ich den Artikel an, ohne zu wissen, worum es diesmal gehen und wie die Überschrift am Ende lauten wird.
Wie immer ist es unheimlich spannend, das Yoga-Tagebuch aufzuschlagen, das scheinbar vor vielen Jahren geschrieben wurde.
Wie immer werde ich versuchen, mich ganz in meine Notizen fallen zu lassen und nachzuspüren, ob sich eventuell wieder ein Kreis schließen lässt.
Wer sich selbst auf die Schliche kommen, seine Wiederholungen im Leben erkennen und ernsthaft etwas ändern möchte, dem kann ich nur raten, ein Tagebuch zu führen. Schwarz auf weiß nachzulesen, dass man sich vor Jahren schon einmal an der gleichen Stelle befand und nach einem Muster (Konditionierung) handelt, ist so hilfreich und heilend. Man kann sich nichts mehr vormachen und kann auch nicht mehr alles auf die besonderen Lebensumstände oder die anderen schieben.
Deutlich wird, wir sind die Schöpfer unserer eigenen Welt.
Im Juni 2016 gab es viele Notizen von Eckhart Tolle, Papaji und Gangaji in meinem Yoga-Tagebuch. Ich notierte mir – wie immer – Auszüge aus Vorträgen oder Büchern, um sie mir einzuprägen und danach zu handeln.
Ich erfreute mich so sehr an diesen Weisheiten, und ein immer tiefer gehendes Verstehen machte sich in mir breit. So würde ich es beschreiben. Nach und nach konnte ich alte Glaubensgrundsätze und altes Wissen loslassen und Platz schaffen für etwas ganz Neues und Wunderbares.
Tagebuch 10.06.2016:
„Eckhart Tolle: Handeln sollte immer entweder
- Bereitwilligkeit
- Freude
- Enthusiasmus
enthalten. Wenn dies nicht der Fall ist, beobachte: Du fügst dir und anderen Leid zu.“
Wie einfach das klingt, nicht wahr? Dabei dürfte es schon bei vielen morgens beim Aufstehen und erst recht auf dem Weg zur Arbeit zum ersten Konflikt kommen.
Das Problem ist aber nicht, dass wir in einer unglücklichen und unbefriedigenden Situation stecken, sondern dass wir es nicht sehen wollen. Wer es sieht, kann es ändern. Wird es ändern. Sonst werden wir – ohne es zu wissen – durch unsere Konditionierungen das Leben unserer Vorfahren führen. Ich wollte es unbedingt ändern. Ich wollte endgültig aus meiner Angst heraus und ich wollte die Wahrheit sehen. Aber kann man seine Konditionierungen/Ego verlassen oder gar töten?
Tagebuch 11.06.2016:
„Papaji (Wach auf Du bist frei): Du hast weder das Gesicht deines Geistes, noch das Gesicht deines Egos gesehen. Es ist wie ein Gespenst. Also akzeptiere es, wie ein Gespenst. Es ist von Generation zu Generation weitergegeben worden.
Du kannst das Ego nicht töten. Mit welcher Waffe? Zuerst muss da etwas bestehen, was du töten kannst. Zuerst musst du es sehen, was getötet werden soll. Dann, im Sehen ist es bereits getötet.
Ich will das Ego töten. Spüre dieses Ich auf. Ist da irgendwo ein Ego, dass getötet werden kann.
Jeder Mensch muss aus dem Traum aufwachen, dass er oder sie eine Familie hat. Man ist immer frei und immer allein. Der Geist träumt nur. Wenn du irgendeinen Namen oder irgendeine Form siehst, träumst du nur.“
Das zu glauben ist so schwer. Alles, wofür wir gelebt haben und alles, was wir lieben, existiert nur in unserem Geist. Wie in einem Traum. Auch im Traum sind wir die Schöpfer aller Wesen und Objekte.
Wenn Aufwachen passiert, wird das klar gesehen, und es löste bei mir nicht nur Freude, sondern auch einen Schock aus. Und noch heute kommen mir die Tränen, wenn ich daran denke. Nur Leere existiert. Kein Ich, keine Kinder, keine Geschichte. Für den Verstand der reinste Horror, aber für den Geist, der darüber hinausgeht, die absolute Freiheit.
Man muss sich entscheiden. Will man weiter träumen oder aufwachen? Will man wirklich wissen, wer/was wir sind? Unsterblich. Unendlich. Liebe. Frei. Freude.
Ich schaue gerade auf das Bild meiner Kinder links und auf das meines Meisters rechts. Es ist meine Entscheidung. Mein Wille. Und unter Tränen springt mein Ich von hier nach dort. Auf der einen Seite gibt es Glück und Leid und auf der anderen Seite absolute Freiheit und Freude. Beide Bilder sorgen für eine Story in meinem Verstand. Sorgen für Zeit. Sorgen für Anhaftung.
Sorgen, Sorgen, Sorgen…Angst, Angst, Angst…Tod, Tod, Tod!
Tagebuch 11.06.2016:
„Papaji: Befreie den Geist von allem Festhalten. Wenn du irgendwo festhältst, hast du woanders losgelassen, um hier festzuhalten. Erlaube dem Geist, nirgends festzuhalten. Der Geist muss an einem Objekt festhalten. Wird das Objekt entfernt, geschieht Nicht-Geist. Er kann an nichts festhalten. Freiheit entsteht.
Der Geist ist ein Leichenfledderer. Er gräbt alte Knochen aus, um darauf herumzukauen. Heiße also den Löwen auf deinem Weg willkommen.
Mach dir keine Gedanken über irgendwelche Methoden. Wenn du offen und ehrlich bist und einen wahren Wunsch nach Freiheit hast, werden dich auch falsche Methoden dorthin bringen. Deshalb gib diesem Wunsch 100 % Auftrieb und der Rest wird sich von selbst erledigen.
Wenn du die korrekte Methode nicht kennst, wird es dich führen. Dort wo du ankommst, weiß es schon, wer kommt, und es wird herauskommen, um dich zu empfangen, auf die Art, die für dich die richtige ist. Die Ernsthaftigkeit ist wichtig, nicht die Methode.“
Fast hätte ich das ganze Buch in meinem Yoga-Tagebuch abgeschrieben. Kein Wort war zu viel. Könnte man sich doch diese Weisheit ins Gehirn eintätowieren lassen, um alte Denkgewohnheiten zu unterbrechen oder gar auszulöschen.
Da ich zu diesem Zeitpunkt noch immer keinen spirituellen Lehrer hatte, fand ich es sehr interessant, was er zur Methode sagte. Es beruhigte mich irgendwie zu hören/lesen, dass ich geführt werde, sobald ich absolut ehrlich und eifrig suche. Schon dass dieses Buch – und alle anderen Bücher zuvor – auftauchten, war für mich ein Zeichen, dass sich alles irgendwie fügen wird, wenn ich nur dabeibleibe.
Jeden Tag las ich in seinem Buch (Wach auf Du bist frei) und zum Einschlafen hörte ich mir Videos von Papaji an. Dazwischen fuhr ich mal wieder vom Zahnarzt zum Krankenhaus und umgekehrt, da mein Körper mit all dem nicht mitkam und weiter rebellierte.
Tagebuch 13.06.2016:
„Wieder Krankenhaus und Zahnarzt. Wieder Antibiotikum. Erst gestern hatte ich versucht, mit Yoga-Übungen anzufangen und schon heute geht es nicht mehr. Es gibt keinen sogenannten „Normalzustand“ mehr bei mir. Immer ist irgendetwas und das seit sechs Monaten.
Abends im Bett hörte ich mir wieder ein Video von Papaji an und schlief dabei ein. Als ein junger Mann vor ihm saß und sagte, er hätte am Vortag mit Leuten geredet und von ihm (Papaji) erzählt, musste er plötzlich weinen, da wurde ich wach und auch mir kamen die Tränen beim Wachwerden.
Was für ein wunderbarer Lehrer. Sofort würde ich zu ihm reisen, würde er noch leben. Er ist jedoch tot, wie auch Ramana Maharshi, Paramahansa Yogananda oder Jesus. All diese großen Seelen sind nicht mehr da. Wer ist dann jetzt für mich da?
Mir fällt ein, dass mir jemand ein paar Mitbringsel von einer Reise gegeben hatte, und nun Geld dafür möchte. Dann denke ich, wie oft ich mit diesem Menschen Yoga gemacht und auch eine Massage gegeben habe, ohne etwas zu verlangen und mir natürlich auch nichts angeboten oder gegeben worden ist.
Und während ich daran denke, muss ich wieder weinen, weil diese wunderbaren Lehrer für mich nicht mehr zur Verfügung stehen. Nur in Büchern und in Videos können sie ihre Lehren teilen. Wenigstens. Gott sei Dank.
Ich sehne mich so sehr nach einem Lehrer. Schon immer. Mein ganzes Leben lang. Das begreife ich jetzt zutiefst.
Ich habe mir das Buch von Gangaji „Der Diamant in deiner Tasche“ heruntergeladen.
Ich lese weiter im Buch von Papaji und mache Notizen über Notizen. Es nimmt kein Ende. Soll ich das ganze Buch abschreiben? Was bringt das?
Mein Verstand wird es nicht erfassen können, egal ob ich es lese oder aufschreibe. Das Denken kann den Ursprung nicht erfassen, da es nur ein Teil, ein Aspekt des Ursprungs ist.“
Tagebuch 15.06.2016:
„Gedanken gestern Abend vor dem Einschlafen:
Es gibt nichts mehr zu tun!
Diese Erkenntnis ist das Ergebnis meiner spirituellen Reise mit dem Abschluss Gangaji und Papaji.
Ganz klar und deutlich wurde es jetzt noch einmal mit dem Buch von Gangaji, welches ich gerade auf meinem Handy lese.
Ich bin angekommen.
Ich kann nirgendwo mehr hingehen und auch nichts mehr lesen. Es gibt nichts mehr zu sagen und nichts mehr zu tun.
In der Nacht träumte ich von einem Kuss:
Jemand küsste mich.
Jemand, den ich kenne.
Jemand aus der Vergangenheit?
Aus meiner Jungend?
Ein einziger Kuss auf prallen und zarten Lippen.
Fremd und gleichzeitig vertraut.
Geküsst von meinem Selbst.
In Frieden mit ihm.
Das Hier und Jetzt angenommen.
Was für ein schönes Bild.“
Ja, ich war angekommen. Egal, welches Buch ich ab da auch in die Hand nahm, es gab nichts Neues mehr für mich. Alles wurde schon gesagt. Der Verstand war satt. Hatte begriffen, dass es nichts zu begreifen gibt. Er musste jetzt nur noch schweigen. Es wurde Zeit. Ich musste endlich still werden.
Habt ein schönes Wochenende, Monika
Ein schönes Wochenende, das wünsche ich Dir auch.
LG Jürgen
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Liebe Monika, da war einmal ein heisser Sommertag, erinnere ich mich, sodass ich erst abends mit den Hunden gehen konnte. Und ich stand am obersten Teil der Wiese, wo nichts die eben untergehende Sonne verdeckte. Und da erlebte ich wie „ein Schalter umgelegt“ wurde in meinem Kopf. Ich sah nur die Weite und das Licht und nichts sonst. Da waren keine Worte, keine Erklärungen wie „aha, Sonnenuntergang“. Da war eine tolle Leere in meinem Geist. Und das was ich in diesem Augenblick fühlte war absolute Glückseligkeit. Doch leider viel zu kurz, weil mein Geist sofort erfahren wollte, was genau das jetzt ist, um es wieder herstellen zu können. Fragen wie: wie ist das jetzt passiert? was war anders als sonst? machten natürlich alles zunichte. Doch die Frage war berechtigt, denn wo ist „der Schalter zum Abdrehen“?
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Was für ein schönes Erlebnis :-).
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Und? Schweigt der Verstand?
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Nein, nicht immer aber immer öfter :-). Liebe Grüße
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🙂💐
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Monika, bist ok?
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Liebe Smaranda, danke für deine Frage :-). Uns gehts gut aber es nimmt uns alle sehr mit. Es ist sehr tragisch, was im Osten des Landes passiert ist. Liebe Grüße
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Wir haben alle keine Worte mehr. 😔 Schön dass ihr ok seid. Liebe Grüsse.
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