Warum habe ich nicht von meinen Eltern oder in der Schule gelernt, wer ich bin und wie ich funktioniere? Warum musste ich mich jahrzehntelang mit chronischen Schmerzen und Ängsten herumplagen und habe keine andere Hilfe, außer Tabletten, erhalten? Warum weiß ich und ein Arzt so wenig über die Natur und den Menschen überhaupt?
Ja, wir Menschen haben scheinbar alles auf dieser Welt und im Universum untersucht und wie Chirurgen auseinandergenommen. Wir haben Namen und Nummern für jede Zelle im Körper des Menschen, des Tieres, eines Blattes vom Baum oder eines Lichtpunktes im Weltall, aber die Zusammenhänge haben wir nicht erkannt.
Wir haben das Leben nicht begriffen und wissen daher auch nicht, wie wir funktionieren und wie wir mit diesem ganzen Leben um uns herum zusammenhängen.
Ohne Yoga und die Weisheit, die hinter diesem Wort liegt, würde ich noch immer ein Leben getrennt von der Welt da draußen, ganz ohne Sinn und nur beherrscht von meinen Ängsten führen.
Ohne diese einheitliche Sichtweise auf das Leben, wo klar wird, dass alles mit allem in Zusammenhang steht, es keine Zufälle gibt und alles von Güte und Liebe durchdrungen ist, würde ich noch immer glauben/denken, dass ich geboren wurde und sterben muss.
Ohne Yoga und ohne das Buch von Eckhart Tolle „Jetzt, die Kraft der Gegenwart“, hätte ich auch nie etwas über meinen Schmerzkörper erfahren. Ich hätte nie begriffen, warum ich nach der Geburt meiner ersten Tochter jeden Monat und später auch immer öfter Migräne-Anfälle hatte. Ich hätte nie einen Weg aus diesen chronischen Schmerzen gefunden. Selbst Tabletten halfen mir nicht, denn diese Schmerzen wollten erfahren und aufgelöst werden.
Als ich bei Tolle das erste Mal etwas über den Schmerzkörper und auch über den kollektiven weiblichen Schmerzkörper las, ging mir nach und nach ein Licht auf und ich begriff, dass ich mit meinen Schmerzen ganz anders umgehen musste. Sie immer nur weghaben zu wollen war nicht die Lösung. Wie bei meinen Ängsten ging es darum, zuzuhören, zu erkennen, zu akzeptieren, zu lieben und zu befreien.
Das erste Mal in meinem Leben erfuhr ich nun, warum meine Migräne über 20 Jahre lang immer zum gleichen Zeitpunkt kam und was genau in meinem Körper und Verstand passierte. Ich begriff, dass da etwas in mir geschah, was gar nichts mit mir zu tun hatte. Es erklärte auch diese wie aus dem Nichts auftauchenden dunklen Wolken in meinem Kopf und diese starke Aggressivität, die vor jeder Migräne da war. Besonders mein Partner musste sich dann in Deckung begeben, denn er war stets meine Zielscheibe.
Und hier nun gab es nicht nur eine Erklärung von Tolle, sondern ich erhielt auch eine Anleitung, wie ich damit umgehen und wie mir dieser Schmerz sogar dabei helfen konnte, bewusster zu werden, was mir ja sowieso am wichtigsten war. Die Suchende und Forschende in mir wurde da ganz klar angesprochen. Ich war so dankbar.
Tagebuch 21.03.2016:
„Tolle: Der Kollektive Weibliche Schmerzkörper
Frauen haben neben ihrem eigenen persönlichen Schmerzkörper auch einen sogenannten angesammelten Schmerzkörper,
wie männliche Unterwerfung, Sklaverei, Vergewaltigung, Geburt, Tod, Verlust… , den Frauen über tausende von Jahren erlitten haben.
Besonders zu Beginn und während der Regel treten diese Schmerzen auf (Diese Zeile habe ich im Tagebuch mit Großbuchstaben geschrieben, da es genau immer dann zu diesen Migräne-Schmerzen kam).
Oft wird man von diesem Schmerzkörper überwältigt. Er zieht einen in die unbewusste Identifikation. Besessen von einem Energiefeld, dass deinen inneren Raum füllt und vorgibt, Du zu sein. Das bist du aber nicht.
Wandle den Schmerzkörper um, damit er sich nicht länger zwischen dich und dein wahres Selbst stellt. Wandle ihn in Bewusstsein um:
- Sei schon vor den ersten Anzeichen wach und bewohne deinen Körper bewusst.
- Fange das erste Anzeichen ein, bevor es dich überwältigt (Gereiztheit, Wut oder körperliche Symptome).
- Ergreife es, bevor es sich des Denkens oder Verhaltens bemächtigt hat. Richte deinen Scheinwerfer darauf.
- Falls es eine Emotion ist, spüre die Energieladung dahinter. Sei dir bewusst, dass dies der Schmerzkörper ist.
- Zur gleichen Zeit „sei“ das Wissen. Sei dir deiner wachen Gegenwärtigkeit bewusst und fühle ihre Macht. Dann verwandelt sich die Emotion und flacht ab.
- Ist es ein rein körperliches Gefühl (Kopfweh?), dann wird die bewusste Aufmerksamkeit verhindern, dass es sich in Emotionen oder Gedanken verwandelt.
- Sei weiter wach und warte auf die nächsten Zeichen des Schmerzkörpers. Wenn sie erscheinen, ergreife sie wieder, wie oben.
- Wenn der Schmerzkörper dann erwacht ist, kann es turbulent werden. Was auch immer passiert, bleibe gegenwärtig. Gib ihm die volle Wachsamkeit. Beobachte, sei das Wissen.
- Lasse den Schmerzkörper nicht deinen Verstand benutzen, um die Oberhand über das Denken zu gewinnen.
- Spüre seine Energie direkt im Körper
- Volle Aufmerksamkeit bedeutet volles Annehmen.
- Dadurch wird Umwandlung ausgelöst.
- Der Schmerzkörper wird in strahlendes Bewusstsein verwandelt.“
Seit 2016 „arbeitete“ ich mit Hilfe von Yoga/Meditation und diesen Zeilen von Eckhart Tolle ganz bewusst an meinen Schmerzen.
Es ist so viel passiert. Ich habe versucht, alles genau zu betrachten und habe es in meinem Yoga-Tagebuch niedergeschrieben.
Ich konnte genau beobachten, wie die Wolken der Depression kamen und sich von oben auf meinen Schädel niederließen. Wenn ich meinen Partner betrachtete, hatte ich irgendetwas an ihm auszusetzen, und meistens gab ich ihm die Schuld daran, dass ich jetzt schon wieder Kopfschmerzen bekommen würde.
Ich verwandelte mich von einer frohen Natur in nur wenigen Stunden in eine depressive und anklagende dunkle Gestalt. Als ich mich auf die Beobachtung – wie Tolle sie beschrieb – ganz und gar einließ, konnte ich, noch bevor die aggressiven Worte aus meinem Mund kamen, erkennen, was ich hier tat. Und doch ließ ich sie heraussprudeln. Ich konnte gar nicht anders. Diese Energie musste irgendwie aus meinem Körper.
Schmerzen. Selbstmitleid. Anklage. Wut.
Ich erwartete Hilfe. Aufmerksamkeit. Irgendjemand muss mir doch helfen können.
Ich lernte nach und nach, mich mit den Schmerzen zurückzuziehen. Still zu sitzen und sie genau zu beobachten. Wo pocht es? Wo zieht es? Wo saß der Schmerz und wo wanderte er hin?
Dann war ich irgendwann soweit, dass ich den Schmerz von mir trennen konnte. Schmerz war einfach Schmerz. Distanz. Akzeptanz. Ich ließ ihm Raum und er durfte sich entfalten. Oft konnte ich mit geschlossenen Augen an den Stellen, wo Schmerz war, ein Licht sehen. Energie? Manchmal heilte dieses Licht und manchmal wurde ich an diesen Stellen dann ganz weit. Einmal wurde ich so weit, dass ich plötzlich das ganze Universum war.
Oft jedoch hatte ich noch Widerstand und dann wurden die Schmerzen so schlimm, dass sie über mehrere Tage und Nächte gingen. Ich konnte nicht schlafen und am Ende zitterte der ganze Körper vor Stress und ich war kurz vor einer Panikattacke. Ich schrie, dass ich nicht mehr könne. Dann warf ich mich auf den Boden, weinte und schüttelte mich und dann ging soviel Weltschmerz durch meinen Körper und erst mit den Tränen verließ er mich wieder. Wo kam das her? All das hatte doch mit mir gar nichts zu tun, denn es ging mir doch so gut.
Ich sah viele fremde Gesichter, wenn ich einfach still mit meinen Schmerzen auf dem Bett saß. Bis heute weiß ich nicht, wer oder was das war, aber es wollte und sollte gesehen werden.
In letzter Zeit habe ich viel über Karma gelesen, und das passt hervorragend zu dem, was ich bei Tolle gelesen hatte und selbst in all den letzten Jahren erfahren durfte.
Was immer ich auch dachte, wer ich sei, ich weiß heute, ich bin nichts anderes, als eine Ansammlung von Karma oder man könnte es auch Konditionierung nennen. All meine Wünsche sind nicht meine Wünsche, sondern durch meinen Körper leben die Wünsche meiner Vorfahren weiter.
All meine chronischen Schmerzen und meine Ängste sind nicht da, weil ich es so wollte. Sie leben in meinem Körper weiter, weil es sie schon bei meiner Mutter, Oma …. gab.
Ich sehe nicht nur so aus wie sie, ich sehe durch ihre Augen und ich erlebe die Welt wie sie und lebe wie sie.
Das ist es, was dieser Körper und dieser Verstand sind, eine Fortführung der evolutionären und genetischen Konditionierung.
Als ich das begriffen hatte, ging es mir nicht mehr darum, die Träume meiner Vorfahren weiter zu leben oder deren Schmerzen weiter zu ertragen, sondern es ganz klar zu erkennen und aus dieser Enge auszubrechen. Innerer Frieden war mein Ziel. In Frieden zu sein mit dem, was in meinem Kopf, Körper und in dieser Welt auftaucht.
Ich wollte Begriffe wie positiv oder negativ hinter mir lassen, da dies nur Bewertungen meines geerbten Verstandes waren. Ohne Bewertung gibt es auch keinen Widerstand.
Tagebuch 21.03.1016:
„Tolle schrieb, man müsse der Gegenwart vergeben. Dies sei noch viel wichtiger, als die Vergebung für Dinge aus der Vergangenheit.
Denn nur, wenn wir jedem Moment vergeben, ihm erlauben, so zu sein, wie er ist, dann gibt es keine Ansammlung mehr von Groll.
Wenn wir dem Leben keinen Widerstand entgegensetzen, dann sind wir im Zustand der Gnade, Mühelosigkeit und Leichtigkeit.
Negativität bedeutet Widerstand. Immer wenn Negativität auftaucht, dann sage dir:
ACHTUNG. HIER und JETZT. WACH AUF.
Selbst die geringste Gereiztheit ist bedeutungsvoll und muss anerkannt und angeschaut werden.
Ein anderer Weg, Negativität aufzulösen ist, sich vorzustellen, dass man für den Auslöser der Reaktion DURCHLÄSSIG wird. Das kann man besonders bei kleineren Störungen anwenden, wie Straßenlärm, Bauarbeiten, Hupen etc.“
Drei Tage später hatte ich die Gelegenheit, Eckhart Tolles Hinweise direkt anzuwenden. Ich fuhr für eine weitere Fortbildung zum Thema Yoga-Therapie in den Süden der Türkei. Mein Mann begleitete mich auf der Fahrt. Bevor die Veranstaltung begann, verbrachten wir eine Nacht gemeinsam in einem Hotel.
Wir hatten eine lange Autofahrt hinter uns und waren sehr erschöpft. Hinzu kam, dass ich auch etwas aufgeregt war. Da wir uns in der Vorsaison befanden, gab es jede Menge Reparaturarbeiten am und im Hotel. U. a. wurde Holz sehr laut am Pool bearbeitet und abgeschliffen. Dieses permanente laute Geräusch der Schleifmaschinen nervte mich extrem.
Tagebuch 24.03.2016:
„Übung Hingabe hier im Hotel während der lauten Schleifarbeiten am Pool.
- Erkenne den Widerstand:
Den Widerstand erkenne ich sofort, ich will diesen Lärm nicht.
- Beobachte den Verstand, wie er etikettiert und erkenne die Denkprozesse:
das ist Stress und negativ, denn ich hatte in Istanbul schon soviel Lärm
meinem Mann ist es egal und er tut nichts dagegen
ein blödes Hotel, wie kann man seinen Gästen so etwas antun
- Fühle die Energie der Emotionen:
Ich erkenne Wut, Frust und Herzklopfen. Der Lärm ist wie ein persönlicher Angriff gegen meine Person.
Ärger entsteht. Was ist der Zweck des Ärgers? Keiner. Warum habe ich ihn erschaffen? Habe ich nicht. Der Verstand hat es getan. Ganz automatisch, unbewusst. Warum hat der Verstand ihn erschaffen? Weil er den unbewussten Glauben hat, dass ein Widerstand, den ich als Form von Negativität oder Unglücklichsein erlebe, die unerwünschte Situation irgendwie auflösen wird.
Das ist aber eine Täuschung. Denn der Widerstand, die Gereiztheit, der Ärger, den der Verstand erschafft, sind weitaus störender, als der ursprüngliche Grund, den er aufzulösen versucht.
Ich erkenne, dass all mein Ärger gar nichts bringt und mein Widerstand hier keinen Zweck erfüllt und bringe meine ganze Aufmerksamkeit ins Jetzt.
Aus unbewusstem Widerstand wird bewusster Zustand im Jetzt und die Negativität verschwindet, denn Negativität und Bewusstheit können nicht gleichzeitig existieren!
In dem Moment gibt mir mein Mann seine wunderbaren Kopfhörer, die er ohne mein Wissen mitgenommen hatte. Man kann damit die Außengeräusche abstellen. Telefonisch fragen wir an der Rezeption nach und erfahren, dass die Arbeiten jeden Augenblick beendet sind.
Dann Ruhe.
Genau, wie es Eckhart Tolle beschrieben hatte. Selbst bei diesem kleinen Beispiel wurde durch meine Hingabe an das was ist, die spirituelle Dimension zur Realität in meinem Leben.
Ich schaue das erste Mal auf das Bild rechts von mir an der Wand: „Das Abendmahl“.
Yoga und Eckhart Tolle haben mir sehr dabei geholfen zu verstehen, dass Schmerzen und Angst unsere besten Lehrer für ein befreites Leben sein können.
Habt eine wunderschöne Woche, Monika