Wisst ihr, was es heißt, glücklich und zufrieden zu sein, weil man für seinen eigenen inneren Raum – und somit für seine Gedanken und Emotionen – Verantwortung übernimmt?
Früher war ich ein völlig unbewusster Mensch. Ich identifizierte mich mit meinen Gedanken und Gefühlen, den Wünschen oder Abneigungen, den Reaktionen. Das führte zu Unbehagen, Langeweile, Unzufriedenheit und Nervosität. Ein Yogi würde das Karma nennen und ich nenne es unsere Konditionierung.
Eckhart Tolle schreibt in seinem Buch „Die Kraft der Gegenwart“ auch über die tiefe Unbewusstheit. Die liegt immer dann vor, wenn etwas schief geht, und aus Unbehagen wird dann Schmerz, Leid und es entsteht das Gefühl, unglücklich zu sein (Beziehungsprobleme, Angst vor Verlust von Job, Geld usw. oder Schmerzen…).
Mit Yoga über die letzten sechs Jahre wurde diese alltägliche Unbewusstheit bei mir nach und nach aufgelöst. Wer täglich auf seine Matte geht und auch meditiert, beobachtet seinen Körper und seinen Geist. Es ist nicht mehr möglich, mit dem Finger auf die Welt da draußen zu zeigen, weil immer nur die anderen schuld daran sind, dass es einem so schlecht geht.
Auch wenn man nicht meditiert, kann man mit Hilfe des Buches von Eckhart Tolle zur gleichen Erkenntnis kommen. Er gibt direkte Anweisungen dafür, wie man z. B. die alltägliche Unbewusstheit auflösen kann:
- Bin ich in diesem Moment entspannt?
- Was geht gerade in mir vor (Gedanken, Emotionen)?
- Erst danach gehe nach außen!
So übernehmen wir Verantwortung für unseren inneren Raum, denn unser innerer Raum ist auch der äußere Raum. So wie ich drauf bin, so sehe ich auch die Welt um mich herum und nicht umgekehrt.
Ich habe hier ein schönes Beispiel für euch. Der Mann geht jeden Tag mit unserem Hund raus. Der Hund lag vor sechs Jahren verletzt vor unserem Gartentor und war einer von 4 Welpen einer Straßenhündin. Weil der Mann es sich immer gerne einfach macht, hat er den Hund kaum erzogen. Das erfordert nämlich Zeit und Disziplin.
Wenn er dann nach Luft schnappend, völlig erschöpft und genervt vom Spaziergang mit dem Hund zurückkommt, dann muss ich mir in etwa anhören: Der Hund hat mich wieder so fertig gemacht. Er hat gezogen und gekläfft, weil es auf dem Weg 4 Katzen und zwei andere Hunde gab, und dann war da noch eine Wanderin.
Unser Hund rastet bei Katzen völlig aus, kann andere Hunde – besonders Rüden – auf seiner Strecke nicht ertragen und auch gegen die meisten Menschen hat er etwas. So kann es auch schon mal passieren, dass er uns nicht nur den halben Arm abreißt, sondern auch den Abhang herunterzieht oder so schnell anläuft, dass wir zu Fall kommen.
Das Interessante ist jedoch, dass der Mann dann anschließend nicht auf sich sauer ist und versucht es zu ändern, indem er ihn erzieht (auch wenn es schon sehr spät dafür ist), sondern lieber auf die blöden Katzen, auf die Menschen, welche Straßenkatzen und Straßenhunde füttern oder aussetzen und auf die Fußgänger, die seinen Weg kreuzen schimpft, um dann am Ende sowieso auf dieses ganze scheiß Land zu fluchen.
Ich muss dann immer lachen, weil er nicht sieht, dass er auf die ganze Welt losgeht, nur weil sich ihm diese beim Spaziergang nicht so darstellt, wie er es gerne für sich und seinen unerzogenen Hund gehabt hätte. Was wäre das denn für eine Welt? Vielleicht eine, wie auf dem Mond, wo es keine Lebewesen gibt?
Aber so funktionieren wir nun einmal, wenn wir unbewusst sind. Der Hund ist hier wie die Verlängerung unseres unbewussten Verstandes und er macht das, was wir ihm beigebracht, bzw. nicht beigebracht haben, und wenn es nicht rund läuft, dann sind alle anderen da draußen daran schuld.
Im März 2016 las ich voller Begeisterung und mit unglaublicher Freude weiter in Eckhart Tolles Buch und machte mir Notizen.
Tagebuch 18.03.2016:
„Christus bedeutet die Gegenwärtigkeit/reines Bewusstsein und Jesus war ein Mann, der vor 2000 Jahren lebte und sagte:
„Bevor es Abraham gab bin ich.“
Und mit diesem Satz wurde Jesus zu Christus.
Gott sagte: ICH BIN DAS ICH BIN.
In diesem Satz ist keine Zeit enthalten, nur Gegenwart.“
Obwohl sich mein Verstand sehr bemühte, ich konnte das damals nicht verstehen. Denn Jesus sagte nicht, dass er schon existierte, bevor Abraham geboren wurde. Das würden wir begreifen, weil es die Dimension von Zeit und Raum unseres Verstandes befriedigt.
In seiner Aussage jedoch sprengt Jesus die Zeit und das kann man entweder nur glauben oder durch das Aufwachen im Sein-Zustand erfahren.
Allerdings neu war diese Aussage für mich nicht, denn auch die Yogis hielten in ihren Schriften genau diese Wahrheit fest, nämlich dass es da einen „Seins-Zustand“ gibt, der vor der Person und allen Dingen liegt und das wir dieses „Sein“ selber sind. Ich war hier nur sehr überrascht, dass man diese Weisheit auch in der Bibel finden konnte.
Und so kam es, dass ich über Yoga zu Christus fand und auch die Bibel ohne Vorurteile (Kirche, Dogmen, Predigten, Unterdrückung, Hexenverbrennung…) mal wieder in die Hand nehmen konnte.
Aber wie kommt man nun zu dieser Gegenwärtigkeit, damit man dieses zeitlose Sein erfahren kann? Hierfür hat Eckhart Tolle in seinem Buch gute Hinweise z. B., dass man vom Verstand Bewusstsein abzieht, indem man sich bei allem, was man tut, auf den inneren Körper konzentriert.
Im Prinzip machte ich mit meinen Yoga-Übungen seit sechs Jahren nichts anderes. Ich glaube aber, dass man auch ohne Yoga sehr wohl, z. B. nur mit Hilfe des Buches von Tolle, aufwachen kann, wenn man ehrlich zu sich selber ist und an sich arbeitet.
Tagebuch 19.03.2016:
„Ich habe wieder 10 Stunden geschlafen. Wie ist das möglich? Der Luftdruck ging von 1026 auf 1009 mbar runter. Erst die Sonne und nun der Regen. Das Wetter wechselt hier jeden Tag und das ganze Leben fließt hier irgendwie dahin. Es ist so schön, ohne ein MUSS leben zu können. Ich MUSS nicht aufstehen, MUSS nicht zur Arbeit gehen, MUSS nirgendwo sonst hingehen, MUSS nirgendwo ankommen.
In den letzten Tagen merke ich, wie ich selbst beim Yoga immer mehr loslasse, wozu ich mich sonst immer gezwungen habe. Yoga in einer bestimmten Reihenfolge, Atemübungen zu bestimmten Zeiten und Meditation in einer gewissen Länge zu machen.
Meine Meditations-App kann ich sowieso nicht mehr benutzen, da ich praktisch Tag und Nacht meditiere. Es ergibt keinen Sinn mehr eine Zeit einstellen zu wollen. Ich versuche ganz bewusst zu erleben und zu sein. Taucht ein Satz auf, der mich beschäftigt oder ist da Stille in der es Regen oder Vogelgezwitscher gibt, setzte ich mich hin und lausche. Mal mit offenen und mal mit geschlossenen Augen.
Ich versuche alles anzunehmen, wie es kommt. Alles in Ruhe aufzunehmen. Meine Sinne sind hellwach. Sie wollen alles aufnehmen und intensiv erfahren. Ich sitze auf dem Bett, Sofa, am Wasser oder wo auch immer und schaue. Beobachte. Ganz langsam. Ganz intensiv achte ich darauf, was das Leben uns zur Verfügung stellt und staune. Was für eine Pracht, was für ein Geschenk. Ich spüre auch meinen Atem. Meine Lebendigkeit.“
Das hört sich alles gut an, aber die Kunst ist jedoch, auch in diesem Zustand zu bleiben. Selbst wenn es ungemütlich wird. An diesem Punkt war ich aber noch nicht angekommen, denn noch am gleichen Tag gab es ordentliche Schwankungen in meinem gerade noch so fröhlichen Gemüt.
Ich sah mir im Internet einen Nondualitäts-Satsang an, und dort sprachen sie über das beängstigende Gefühl, das auftreten kann, wenn man als Suchende/r den roten Faden im Leben verliert, weil man von der relativen zur absoluten Ebene abdriftet.
„Ich habe gemerkt, wie mir das alles Angst machte. Ja mir ist sogar etwas übel geworden. Gedanken, wie Krisen, Schizophrenie, Irrsinn, Gesellschaftsuntauglichkeit kommen mir ins Gehirn geschossen. Sind diese Menschen (Suchende/Aufgewachte) wirklich glücklich mit ihrer Situation? Schließlich sind wir hier nicht in Indien und sie werden draußen auf Unverständnis stoßen.
Es kam ein Gefühl auf, dass ich mit all dem nichts mehr zu tun haben will. So wie sie dort in der Runde saßen, so alleine, sprachen über etwas, was kaum jemand außerhalb des Raumes verstehen kann.
Meine eigene Einsamkeit und die Angst vor noch mehr Einsamkeit kam mir in den Sinn. Reicht es nicht zu wissen oder daran zu glauben, dass es das „Sein“ gibt? Muss ich permanent in diesem „Seins-Zustand“ sein, um glücklich und zufrieden zu sein?
Aller Ehrgeiz weiter zu suchen ist auf einmal von mir abgefallen. Spielt mir hier mein Verstand wieder einen Streich?
Wie auch immer, ich spüre noch immer eine Erleichterung, weil ich meine ganzen Yoga-Übungen nicht mehr zwanghaft durchführe. Ich mache sie, wie und wann ich will.
Ganz im Gegensatz zu dieser neu erworbenen Leichtigkeit steht die bevorstehende Aufnahme in die Gruppe „Der Pfad der Meister“. Hierfür musste ich ja ein Jahr lang warten, weil ich zuvor Reiki machte und außerdem gab es Vorschriften für die Ernährung.
Und plötzlich engen mich diese aufgestellten Bedingungen extrem ein. Es fühlt sich nun wie ein Zwang an und wie ein weiteres Konzept, wie bei einer Kirche oder Sekte (was es aber nicht ist!) Ich habe plötzlich das Gefühl, es nimmt mir einen Teil meiner Freiheit.
Ich will zwar sowieso kein Fleisch essen, aber wenn ich es nicht darf, dann steht da ein MUSS im Raum. Und mit diesem MUSS gibt es eine Angst, dass die Aufnahme scheitern wird. Das nervt mich plötzlich.
Ich möchte mich ganz und gar nicht unterordnen müssen oder einengen lassen. Ich muss mit meiner Freundin, die dieser Gruppe angehört, reden. Die Sehnsucht nach einem Lehrer ist enorm groß, aber diese Enge stößt mich gerade ab.
Es gab einen Bombenanschlag in Istanbul auf der Istiklal Caddesi. Das macht mich wirklich fertig. Ich rief sofort meine Kinder in Istanbul an, ob alles in Ordnung ist. Gott sei Dank, sie waren nicht in der Nähe.
Über das Internet erhält man wieder keine Informationen, weil die Regierung es, wie so oft in solchen Situationen, gesperrt hat. Die Traurigkeit will heute seit dem Anschlag nicht mehr verschwinden.“
Von der Fröhlichkeit und eingebildeten Gelassenheit am Morgen war nichts mehr übrig. Mittags gabs die ersten Zweifel und Ängste und am gleichen Abend noch eine große Traurigkeit. Und das nach sechs Jahren intensiver Arbeit an Geist und Körper.
Wenn ich heute ehrlich auf diese Zeilen aus dem Jahre 2016 schaue, dann sehe ich ganz klar, wie wenig Verantwortung ich damals noch für meine Gedanken und Emotionen übernommen habe.
Wie der Hund, der sich instinktiv über alles aufregt, was ihm über den Weg läuft oder sein Herrchen, das sich völlig unbewusst darüber aufregt, dass der Hund sich aufregt, habe ich mich an nur einem Tag durch fast alle Emotionen jagen lassen. Ich war nicht Herr/Frau über meinen inneren Raum.
Solange wir noch Wünsche und Abneigungen haben, spielen wir Gott. Wir können nicht wissen, ob das, was wir gerade nicht wollen, vielleicht doch gut für uns oder jemand anderen ist. Gott umfasst alles und somit müssen wir einen Raum in uns schaffen, der alles zulässt, ohne zu bewerten.
Es ist nicht sehr schwer, das zu verstehen, aber sich in diesen Zustand fallen zu lassen, ist wohl das Schwierigste für einen Menschen, sonst würden wir nicht über Jahre und Jahrzehnte Suchende bleiben.
Ich wünsche euch einen ganz wunderschönen Tag, Monika
Wie unglaublich gut das wieder geschrieben ist, liebe Monika. Ich traue mich sogar zu glauben, dass die Angst der Menschen, über die jetzigen Geschehnisse in Europa, eine von Gott gewollte Angst ist, die uns lehren soll, dass wir unseren Innenraum kontrollieren, also ruhig und gelassen bleiben können, egal was von aussen auf uns zukommt.
Alles Liebe Dir und Deiner Familie ❤
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Danke und auch liebe Grüße an dich Doris Barbara. Ich verstehe, was du hier meinst aber ich glaube, Angst und Gott können niemals zusammen gehören.
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Eben – solange es den Menschen gut geht suchen sie nicht nach Gott. Erst wenn die Angst unerträglich wird, dann suchen sie IHN. Und erst dann können sie lernen.
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Ja, jetzt verstehe ich dich richtig :-), Danke.
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