Der Tod als Täuschung

Es gab so viele Hinweise, so viele Richtungen, so viele Lehrer und ich habe sie Jahrzehnte lang mühelos übersehen. Ich suchte immer etwas, aber ich wusste nicht was. Ich dachte, ich würde Bildung, einen Lebenspartner, einen echten Freund suchen. Ich wählte mir Männer aus, die reifer waren und älter als ich, um von ihnen lernen zu können. Ich dachte immer, da müsste es doch irgendjemand geben, der mir das Leben erklären und zeigen könnte. 

Ich bin leider nicht mit Büchern groß geworden, und so lernte ich erst durch meine Beziehungen zu lesen. Ich verschlang die ganzen Klassiker, die russischen, englischen und französischen. Ich erhielt einen liebevollen Einblick in die Seelen der Menschen aus anderen Kulturen und anderen Zeiten. Danach interessierte ich mich für die Geschichte der Menschheit und zehn Jahre später suchte ich noch immer und war dann bei den Philosophen und anschließend bei den Heiligen Schriften gelandet. 

Ich wusste damals noch nicht, dass ich eigentlich Gott/ die Wahrheit/die Weisheit suchte und dies in keinem dieser Bücher zu finden war, und doch waren es am Ende genau all diese Bücher, die mich Seite für Seite dort hinführten. 

Da war der harte Alltag als Frau, Mutter, Studierende, Arbeitende, und immer war ich unzufrieden. Das wurde mir auch oft vorgehalten. Es musste immer irgendwie weiter gehen, denn ich fand keine Befriedigung in dem, was ich tat.

Erst als ich das erste Mal meine müden Hände auf eine Yoga-Matte legte, kam so etwas wie ein Gefühl des Ankommens auf, welches ich mir nicht erklären konnte, und eine Stimme in mir sagte damals, Yoga werde ich mein ganzes Leben lang tun. Dabei wusste ich da überhaupt noch nichts über Yoga. Das ist logisch überhaupt nicht zu nachzuvollziehen. Yoga begleitete mich seitdem bis heute, auch wenn ich neben Yoga andere Schriften studierte. 

Nachdem mich der Buddhismus Ende 2015 Anfang 2016 immer depressiver machte, ließ ich diesen erst einmal ruhen und wendete mich wieder meinen Yoga-Büchern zu. 

Tagebuch 08.02.2016:

„Vor unserem Grundstück mit dem Rohbau liegt immer ein Hund, der uns begrüßt. Er grinst uns irgendwie an, wenn er uns sieht. Dabei zeigt er uns seine ganzen Zähne. Das ist sehr ungewöhnlich. Er will soviel Liebe und Zuneigung. Er ist bestimmt noch kein Jahr alt und sieht einem Schäferhund sehr ähnlich. Wird das unser Hund sein, wenn das Haus fertig ist?

Ich lese Sant Kirpal Singh: „Mysterium des Todes“, S. 93:

Der Mensch ist Gott zuzüglich seiner Wünsche. Gott ist der Mensch ohne Wünsche.

Ich nehme heute das Buch nach langer Zeit wieder in die Hand und lese, dass er zu diesem Schluss kommt, weil „…der Mensch immer wieder vergänglichen und unwesentlichen Dingen hinterherläuft – den sinnlichen Freuden des irdischen Lebens – und nicht dem wahren Glück. 

Wie man denkt, so wird man. Unsere Empfindungen und Gefühle, Gedanken und Leidenschaften, Wünsche und Bestrebungen vergehen nicht mit dem Tod des Körpers.“

So dreht sich nach Sant Kirpal Singh das Rad des Lebens und des Todes mit seinen natürlichen Begleitern, wie Freude und Leid, Wohl und Weh, Höhen und Tiefen immer wieder von Neuem und endlos weiter, weil man während seines irdischen Lebens nie zufrieden ist. Von zahllosen Wünschen niedergedrückt, macht man sich selbst zum Sklaven. Dabei könnte man ohne sie unsere Göttlichkeit in vollen Zügen genießen. Was ist demnach der Mensch? Gott zuzüglich seiner Wünsche. 

Also waren die permanente Suche und Unzufriedenheit, die ich über all die Jahre durchmachte, ganz normal. Das Rad des Lebens könnte sich sonst gar nicht drehen. Allerdings hatte ich das Glück, dass ich mit meiner Suche nicht auf der materiellen Ebene stecken blieb. Ich suchte nicht nach weiteren Abwechslungen, neuen Partnern, noch mehr Gütern, Wohlstand oder Ruhm, sondern meine Suche ging in die Tiefe.

In dem Buch von Sant Kirpal Singh geht es vor allem auch darum, was nach dem Tod passieren wird. Dieses Thema zog mich aufgrund meiner über Jahrzehnte andauernden Panikattacken/Todesängste besonders an. Der Tod war mein Thema überhaupt und weil es zwar keine Panikattacken aber noch immer Ängste gab, tastete ich mich nur ganz langsam weiter vor. 

Er spricht von der Entstehung des Lebens, der physischen Welt, der astralen Welt und den verschiedenen Ebenen, die wir nach dem Tod besuchen werden. Ich machte mir dazu einige Notizen im Yoga-Tagebuch, hatte aber erhebliche Zweifel und große Mühe, das alles so zu verstehen und zu akzeptieren. 

(S. 113) Und Gott sprach: Es werde Licht. Und es ward Licht. Und dies ist das wahrhaftige Licht, das alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen. Und das Licht ist das Leben der Menschen. Wie oben so unten. Der Geist und die Kraft Gottes, in dem vibrierenden heiligen Licht offenbart, durchdringen alle vier großen Aufteilungen des Universums. 

  1. Sach Khand, Wohnstatt der Wahrheit oder der unwandelbaren Dauer in ihrer ursprünglichen Reinheit, in der die Ursache für das Materielle, das Gemüt, noch verhüllt und verborgen ist. 
  2. Brahmand, Reich von Brahman, das nach dem Willen des höchsten Wesens durch das universale Gemüt in seiner Ursubstanz geschaffen wurde
  3. And, Astralwelt mit dem Gemütsstoff in seiner feinstofflichen Form
  4. Pind, physische Welt, Schöpfung des grobstofflichen Gemüts. 

Hier auf Erden arbeiten wir unser Schicksal/Bestimmung ab, wie es im Pralabdh-Karma vorgesehen ist. 

In der Astralwelt (auch Pitri Lok) gibt es geistige Wesen bzw. entkörperte Seelen. Sie haben ihren physischen Körper abgeworfen, aber noch feinstoffliche oder mentale Umkleidungen. Dinge, die auf Erden in Gang gesetzt wurden, werden hier ausgearbeitet. Reinigungsprozesse. Vorbereitung für das Land der strahlenden Wesen.“

Was sollte ich damals mit diesen Informationen anfangen? Astrale Ebenen? Unterebenen, wo die Seelen gefangen bleiben usw. Das alles wollte ich nicht haben, nicht wissen. Es stieß bei mir auf Ablehnung oder vielleicht auch auf Angst? Auf jeden Fall war ich noch nicht soweit, das erkenne ich auch daran, dass mein Lesezeichen an dieser Stelle im Buch zurückblieb. Ich hatte 2016 hier nicht weitergelesen und das Buch somit nicht beendet. Das hole ich jetzt nach. 

Seine vier großen Aufteilungen des Universums (s. o. die knappe Ausführung) weichen vom Inhalt her nur wenig von der Kosmologie des Yoga des Patanjali ab. Um diese mir völlig fremde Sichtweise auf die Entstehung allen Lebens hier auf Erden erfassen zu können, bedurfte es bei mir erst einiger spiritueller Erfahrungen, die ich später machen sollte. 

Bis dahin war in meinem winzigen Gehirn – im Verhältnis zum Universum – kein Platz dafür, denn ich war so vollgestopft mit den üblichen materiellen Ansichten aus der Schulbildung, dass ich mich einer anderen Sichtweise nur sehr schwer öffnen konnte. So las ich zwar, wie das Universums nach den Yoga-Schriften entstanden und aufgebaut ist, verstand aber nur Bahnhof. Als würde ich einem Hund Mathematik beibringen wollen. 

Dabei wollte ich so sehr verstehen, denn es war ja genau diese materielle Weltanschauung, die bei mir dazu führte, dass ich als junger Mensch Panikattacken bekam. Die Vorstellung, ich würde auf einem Erdball durch ein unendliches Universum fliegen und irgendwann in dieser Erde verbuddelt werden, konnte nicht dazu beitragen, dass ich Vertrauen ins Leben fand. Das ergab für mich alles keinen Sinn. Ich fühlte mich verloren. Hilflos. Ungeschützt. 

Als ich jedoch später in der Meditation erfuhr, dass Zeit und Trennung überhaupt nicht existieren, konnte ich mit dieser Erkenntnis erneut auf die yogischen Ausführungen schauen und langsam sickerte Verstehen in mein Gehirn ein. Als wäre mein Geist/Bewusstsein mit meinen Übungen nun größer geworden. 

Daher muss ich heute nicht mehr über die Kosmologie im Sinne eines erleuchteten Yogis/Weisen/Buddhas staunen, die die Erfahrung des Universums selbst gemacht haben, sondern darüber, dass der Mensch noch immer Raumschiffe und Satelliten ins Weltall schickt oder Super-Teleskope baut und aufs Universum ausrichtet, um dort Antworten auf die Fragen hinsichtlich der Entstehung des Universums zu erhalten. 

Das ergibt für mich jetzt gar keinen Sinn mehr und oft muss ich schmunzeln, wenn ich das lese und mir die Bilder anschaue, die dann voller Stolz in der Presse veröffentlicht werden. Als ich die Erfahrung machte, dass das ganze Universum in mir selbst zu finden ist (siehe meinen Beitrag: Ich bin das Universum) musste ich außen nichts mehr suchen. Was sollte ich da noch finden?  Zu allen neuen Entdeckungen werden für die Wissenschaftler wieder neue Fragen auftauchen und das hat nie ein Ende. Mal sehen, wann die Menschheit das begreifen wird. 

Alles, was wir mit unseren Augen sehen, wird von unserem Gehirn zu Bildern verarbeitet und zwar so, dass es vom Gehirn verstanden wird. Das heißt, in den Grenzen von Raum, Zeit und Dualität. Das kann niemals die Wahrheit, sondern nur ein weiteres erdachtes Konzept zu Tage fördern. Immer und immer wieder.

Was man jedoch selbst erfahren kann überschreitet diese Grenzen. Hört Denken auf, hören die Grenzen auf und das ganze Universum offenbart sich in einem selbst. Das ist dann die Wahrheit, auch wenn sie nicht beschrieben werden kann, weil die Worte hierfür (weil vom Denken begrenzt) nicht ausreichen. 

Erst seitdem ich weiß, dass wir nicht auf diese Welt, sondern in die Welt kommen, ist Umdenken da und Vertrauen. Wir kommen in diese Welt und zwar immer in diesem Augenblick und sonst ist da gar nichts, wenn wir es nicht denken. 

Sant Kirpal Singh, der 14 Jahre lang der Präsident der Weltgemeinschaft der Religionen war, versucht am Ende seines Buches eine Zusammenfassung für das Leben nach dem Tod zu finden, die für alle Religionen verständlich und zufriedenstellen ist. Er verwendet hierfür u.a. auch die Theosophia (Göttliche Wissenschaft) der Griechen, da sie die Weisheit des Ostens und des Westens in sich am besten vereint, und die Ausführungen der Okkultistin Annie Besant in ihrem Werk „Uralte Weisheit“.  

Allerdings ist es nicht sehr übersichtlich formuliert und daher werde ich nur knapp alles zusammenfassen, was ich heute gelesen habe. Wer sich für das Thema Astralwelt interessiert, der kann sicher ausführlichere Informationen in extra darauf ausgerichteten Büchern finden. Besonders empfehlen kann ich hier auch, sich mit den drei Körpern und den fünf Hüllen des Menschen aus dem Vedanta zu beschäftigen. Beim Yoga geht es ja darum, diese Hüllen zu transzendieren und so zum inneren Kern/Gott vorzudringen. Auch „Das Tibetische Totenbuch“ erklärt ganz detailliert, was nach dem Tod passiert.

Sant Kirpal Singh schreibt jedenfalls von einem unteren Bereich in der Astralwelt, der in sieben Ebenen aufgeteilt ist. Je nach der Entwicklung des Menschen auf Erden wird er später nach dem Tod in einer dieser Ebenen landen. Ab der fünften Ebene könnte man von einem unteren Himmel sprechen, während in den ersten vier Ebenen noch viel zu lernen ist und die Seele daher geläutert wird. 

Ist jemand vor seinem Tod spirituell entwickelt, durchquert er diese sieben Ebenen ohne Verzögerung, und wer von einem Meister initiiert wurde, wird dort sowieso rasch hindurchgeführt, damit der Schüler sich nicht dort wieder verführen lässt, um auf höheren Ebenen Reife und Standfestigkeit zu erlangen. 

Über diesen sieben Stufen, die auch die astrale Welt der Wünsche genannt wird, steht die mentale Ebene, wo einige Seelen hinkommen, nachdem sie den astralen Körper zurückgelassen haben. Ein zweiter Tod sozusagen. 

Hier sind es nicht die Wünsche, sondern die Gedanken, die ausschlaggebend sind. „Gedanken haben eine gewaltige Kraft und jeder Mensch schafft sich auf Erden durch Ketten von Vorstellungen und Fantasien schon sein eigenes Traumland, zu dem die Seele auch nach dem Tod allmählich hingeführt wird, um – wie man sagt – „die Luftschlösser“ zu erleben.“ Also auch hier ist die Seele wie eine Spinne in ihrem Traumnetz gefangen. Selbst im Tod noch wirst du so, wie du denkst. 

Auf der mentalen Ebene gibt es also menschliche Wesen, die ihre körperliche und astrale Hülle abgelegt haben. „Von den eigenen animalischen Trieben gereinigt kommt jeder in diese Region, um die Früchte seiner Ernte zu erhalten. Da wir nicht mehr haben können, als wir sind, entspricht unsere Ernte dem, was wir gesät haben. Aber es ist eine Welt der guten Gesetze, und daher werden wir dort irgendwann einen vollständigen Überblick über unser Leben erhalten, indem die Erinnerung sich weitet bis in die bisher unbekannte Vergangenheit. So wird die Ursache ans Licht gebracht, die unser Leben auf Erden formte und ebenso jene, die wir für die ferne Zukunft geschaffen haben.“

Aber selbst in dieser ebenfalls mehrstufigen mentalen Ebene gibt es zwei Regionen, die nur die Initiierten oder erleuchteten Seelen erreichen, und alle anderen Seelen werden immer noch von ihren Gedanken, Worten und Taten in einem gewaltigen Lebensrad festgehalten. 

Wenn ich das richtig verstanden habe, wird unsere Wiedergeburt hier in dieser mentalen Ebene stattfinden. Mit der neuen Entwicklung unserer Seele werden wir dann in die Welt hineingeboren, um zu wiederholen oder anderes besser zu machen als im vorherigen Leben. Womöglich haben wir unsere Seele so weit entwickelt, dass wir als Wegbereiter der Menschheit zurückkehren, um anderen Gott verständlich zu machen. 

Ich selbst verstehe diese Welt inzwischen als eine Art Schule. Es geht ums Lernen und um das geistige Wachsen, bzw. Aufwachen. 

Um wie Buddha die letzten feinen Hüllen des Körpers zu durchdringen und Vollkommenheit zu erlangen, sind absolute Wunschlosigkeit und Mut erforderlich. Solche erleuchten Wesen kehren nicht mehr in diese Welt zurück und sind mit Gott/Brahman vereint. 

„Es ist wirklich ein langer und mühseliger Prozess, die Wissenschaft des Absoluten (Brahma Vidya) richtig zu verstehen und dann mit Erfolg zu praktizieren…von der Welt der groben Materie bis zur feinstofflichen Welt des Geistes… 

Dies ist das höchste Ziel, das der Mensch erreichen kann, heißt es in der Vedanta…Nur die Heiligen kennen das Jenseits und können glaubwürdig darüber sprechen … vom Stande eines Sant Satguru, die durch die Wahrheit befugt und beauftragt sind… zu lehren und solche strebenden Seelen in die Mysterien des Jenseits einzuführen…

Sant Kirpal Singh zitiert Annie Besant: „Der Tod ist nur eine Umwandlung, die der Seele eine teilweise Befreiung aus ihren schwersten Ketten erlaubt. Er ist nichts weiter als die Geburt in ein weiteres Leben, eine Heimkehr nach kurzer Verbannung auf die Erde in die wahre Heimat der Seele; sie gelangt dabei aus einem Gefängnis in die Freiheit der höheren Sphären. Der Tod ist die größte Täuschung auf Erden; es gibt keinen Tod, sondern nur einen Wechsel in den Lebensbedingungen. Das Leben geht immer weiter, ununterbrochen, nicht abbruchbar; es ist ungeboren ewig, uralt, beständig, es ist nicht zu Ende, wenn der Körper, der es umhüllt, vergeht.“ 

Ich weiß wirklich nicht, ob diese vielen Ebenen, die wir nach dem Tod zu durchlaufen haben, etwas Tröstliches für mich haben. Die Vorstellung, als körperloses Wesen durch all diese Ebenen reisen zu müssen, stresst mich jetzt schon, denn es erinnert mich an meine mühsame geistige/spirituelle Entwicklung hier auf Erden. Es war immer ein Kampf. 

Vor allen Dingen möchte ich nicht noch einmal in diese Welt kommen, nur um alles noch einmal zu wiederholen. Was kann das Leben mir beim nächsten Mal mehr bieten? Mehr Anerkennung, mehr Männer, mehr Kinder, mehr Güter, mehr Torte, mehr was? Von allem mehr bedeutet vor allem mehr Probleme. 

Mehr Gott ist das Einzige, was mich noch interessiert.

Habt alle einen wunderschönen Tag, Monika


5 Gedanken zu “Der Tod als Täuschung

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