Sich beugen können,…

das war mir fremd. Ich wusste 50 Jahre lang nicht, dass das irgendwie wichtig sein könnte, sich dem Leben, so wie es sich gerade zeigte, zu unterwerfen. War ich doch immer auf Konfrontationskurs mit allem um mich herum. Mit meiner Vergangenheit, meinen Partnern, mir selber, meiner Zukunft usw.

Sich beugen zu können bedeutet nichts anderes, als sich hingeben zu können. Hingabe an das Leben bedeutet Hingabe an Gott. Und mein bester Lehrer war meine Angst. Als ich nicht mehr gegen meine Todesängste kämpfte, sondern mich erschöpft beugte und der Angst einfach hingab, löste sie sich auf und mit ihr auch gleich meine Person.

Beugen und hingeben kann man sich in der Regel erst, wenn man entweder schon am Abgrund steht und es keinen anderen Ausweg mehr gibt, außer in die Tiefe zu springen, oder wenn man gelernt hat zu vertrauen. 

Ich hatte das Glück, dass Yoga in mein Leben kam und dass dadurch das bei mir nie vorhandene Vertrauen ins Leben aufgebaut werden konnte. Über Jahre, jeden Tag aufs Neue, musste ich lernen zu akzeptieren, loszulassen und keinen Widerstand gegen das, was ist, zu leisten. Und das war hart für eine Zweiflerin, Widerstandskämpferin und Atheistin. 

Heute lese ich die Yoga-Sutra I, 32 des Patanjali, in der es um die beharrliche Übung geht und direkt zu meinen Tagebuchaufzeichnungen passt, über die ich in diesem Beitrag schreiben wollte. Nein, Zufälle gibt es nicht. Das ist mir schon lange klar.  

In den vorherigen Sutras schreibt Patanjali über die Hindernisse, die dafür sorgen, dass der Geist nicht ruhig werden kann. Es sind insgesamt 13 Hindernisse, wie z. B. Krankheit, Trägheit, Überheblichkeit, Zügellosigkeit, Kummer, unregelmäßige Atmung). Um diese überwinden zu können, empfiehlt Patanjali, die acht Glieder des Yoga anzuwenden (kurz: körperliche Yoga-Übungen, Atmung, Ethik, persönliche Lebensführung, innerer Rückzug, Konzentration, Meditation, Überbewusstsein). 

Auf all diese Übungen kann man aber verzichten, wenn man sich vollkommen an Gott hingeben kann. Dies ist den meisten Menschen jedoch nicht möglich, und auch ich wollte früher davon nichts wissen. Deshalb arbeiten Yogis beharrlich an ihrem Körper, ihrem inneren Sinn (Verstand) und ihrer Intelligenz, bis es ihnen möglich wird, sich dem Willen Gottes endgültig zu beugen.

Nur dafür also ging ich all die Jahre Tag für Tag auf meine Yoga-Matte. Nur damit mein Körper elastisch und zu einem heiligen Tempel werden konnte. Erst dann und mit Hilfe der heiligen Schriften und meinen vielen Notizen in meinem Yoga-Tagebuch konnte endlich auch mein Geist weich werden und ohne Widerstand bleiben. 

Nur weil ich beharrlich blieb und so über die Jahre genau beobachten konnte, was in mir passierte und wie ich mich und die ganze Welt um mich herum veränderte, gab es Raum für Vertrauen und Hingabe. 

Es ist egal, ob man sich vor einem äußeren Lehrer, dem inneren Lehrer niederbeugt, vor der Sonne, der Erde, vor einer heiligen Schrift oder direkt vor der Vorstellung eines Gottes. Es ist wichtig, dass man es überhaupt tut, denn es ist der Sieg der Schöpfung über den eigenen winzigen Verstand/Ego, und anstelle von Angst kann Liebe treten.

Es ist die einzige Wahl, die man im Leben wirklich hat. Der einzige freie Wille sozusagen. Diese Wahl hat man allerdings jeden Augenblick. Man kann sich entweder für die Angst oder für die Liebe entscheiden. 

Um das Beugen und einen weichen Geist ging es auch in meinen Notizen im Jahr 2016, als ich noch immer den Vorträgen der buddhistischen Nonne Ayya Khema lauschte. Für jemanden, der ernsthaft meditieren will und sich noch nicht mit Yoga beschäftigt hat, sind ihre Hinweise sehr hilfreich. 

Tagebuch 29.01.2016:

„Um wirklich meditieren zu können, benötigt man die „rechte Sammlung“. Rechte Sammlung setzt sich zusammen aus rechter Anstrengung und rechter Achtsamkeit.

Nach langer Meditation gibt der Geist nach und wird weich. Danach erst ist echte Konzentration möglich. Wenn wir dann alles losgelassen haben und nichts mehr wollen, entsteht die Möglichkeit, dass mit der Konzentration der Meditationszustand eintritt. 

Hierfür ist also Willensstärke oder Willenskraft notwendig, was bedeutet, dass man sich immer wieder dem hingibt, was gerade anliegt. 

Von Wollen kann aber nicht die Rede sein, da etwas bekommen wollen (z. B. Ruhe, gute Meditation, Erleuchtung usw.) ein Hindernis darstellt. 

Auch Anerkennung ist hier fehl am Platz. Anerkennung scheint die meist verbreitete Krankheit zu sein. Anerkennung bringt nur Unruhe in Geist und Herz. Wenn wir erst einmal Anerkennung haben, wollen wir sie immer wieder. 

Loslassen müssen wir lernen. Loslassen von allem, was wir auf der materiellen Ebene gewohnt sind. 

Nur dann kann sich der Geist beugen und letztendlich hingeben. Man muss sich also beugen können und das muss man lernen! Es geht um die totale Hingabe. Diese ist absolut nötig. Das heißt auch, es darf kein Resultatdenken auftreten, denn das steht wieder für die Härte des Geistes und dann kann er sich nicht hingeben. Gib dich weich und hingebungsvoll dem Atem hin. 

So kann die Schwelle nach innen übertreten werden und Meditation fängt an. Die Anzeichen dafür sind bei fast allen Menschen gleich. Es entsteht ein entzückendes Empfinden. 

Es kann sich am Anfang gleich wieder verflüchtigen, weil der Geist es nicht kennt. Er ist so erstaunt, dass er sich dem Erstaunen hingibt und nicht dem beglückenden Gefühl.

Danach lernt er es aber und kann sich diesem Gefühl hingeben. Wenn man erst einmal in seinem Leben bis hierher gekommen ist, macht man meist mit der Meditation weiter, denn dieses Gefühl motiviert.“

Ein winziger Augenblick in diesem Zustand reicht schon aus, um unser ganzes Leben zu verändern. Nur hieraus schon können wir tiefe Einsicht schöpfen, indem wir in diesem kurzen Augenblick erkennen, dass alles, was wir je gesucht haben, in uns selbst enthalten ist. Wir begreifen, was tatsächlich für den menschlichen Geist möglich ist. 

Es bleibt nicht aus, dass wir uns anschließend auch im Alltag verändern. Es ist so, als würden wir nun auf alles mit einem großen Fragezeichen schauen. Ist es wirklich wahr, was ich hier sehe? Ist es wirklich so, wie ich denke?

Das läutet dann die nächsten Schritte auf der Alltagsebene ein und wir werden nicht mehr die gleichen Menschen wie zuvor sein können. 

Es ist so, als würde man auf alle Dinge nicht mehr nur mit seinen zwei Augen schauen. Man sucht den Sinn hinter allem und stellt seinen Verstand immer mehr in Frage. Hebt ihn sozusagen von seinem Sockel, und so gibt es eine viel weitere Sicht auf alles. Plötzlich ist man spirituell, was nichts anderes heißt, als offen zu sein für alles, was ist. 

Aber wer will das schon? Wer will aus seinem beschränkten Geist/Ego austreten und schauen, was wirklich da ist? 

Tagebuch 30.01.2016:

„Buddha hat die Menschen in vier Kategorien der Pferde eingeteilt:

  1. Man muss nur etwas ins Ohr flüstern, schon gehorcht es,
  2. Man muss am Zügel ziehen, dann gehorcht es,
  3. Man muss die Sporen benutzen, dann gehorcht es, 
  4. Man muss die Peitsche benutzen…

Das heißt, dass es Menschen gibt, 

  1. Denen es reicht, wenn sie vom Leid anderer Menschen hören, um einen Weg aus dem Leid zu suchen, 
  2. Die Leid (Hunger, Krankheit, Tod) sehen müssen…
  3. Die Leid in der Familie erleben müssen…
  4. Die Leid selbst erfahren müssen… 

Weise ist der, dem das Wohl der ganzen Welt am Herzen liegt.“

Warum das Wohl aller Menschen für mich so wichtig sein sollte, wusste ich Anfang 2016 noch nicht. Buddha sprach davon, Christus sprach von der Nächstenliebe und auch in den yogischen Schriften wird davon gesprochen. 

Erst wenn man es nicht nur liest oder glaubt, sondern wenn man wenigstens einmal aufgewacht ist, wird erkannt, dass wirklich gar nichts von uns Getrenntes existiert. Aber damit das passieren kann, müssen wir an uns arbeiten und nicht an der Welt da draußen. 

Im Buddhismus spricht man von der rechten Gesinnung und der rechten Erkenntnis. Die Gesinnung bezeichnet unsere Absichten. Wenn man meditiert, wird macht achtsam und kann beobachten, wie man sich Tag für Tag etwas vormacht. Sich selbst und auch seinen Mitmenschen. Man erkennt, dass das zu nichts führt. Vor allen Dingen nicht glücklich und zufrieden macht. Und „Täglich grüßt das Murmeltier“ ist ein toller Film, der das hervorragend in humorvoller Art verdeutlicht. 

Wir können jeden Tag aufs Neue entscheiden, ob wir uns von unseren Sinnen leiten lassen wollen oder ob unsere Gesinnung uns womöglich mal ganz woanders hinführt, so dass wir weder uns noch anderen Schaden zufügen, bis uns das Wohl der ganzen Welt am Herzen liegt.

Ich war zu diesem Zeitpunkt noch weit davon entfernt, an Reinkarnation zu glauben oder mir Berichte von Menschen anzuhören, die Nahtoderfahrungen hatten. Alles, was mit dem Tod zusammenhing, machte mir noch immer furchtbare Angst. 

Erst als ich aufwachte und sah, dass da gar keiner ist, der sterben könnte, fing ich an, mich an das Thema Tod heranzuwagen. Zu forschen und zu hinterfragen. Dann machte plötzlich auch Reinkarnation einen Sinn, und die Nahtoderfahrungen waren nur eine Bestätigung für das, was ich selbst in ähnlicher Form gesehen hatte, nämlich dass der Tod nur ein Übergang in eine andere Form der Existenz ist. Man erlebt sozusagen seinen eigenen inneren Fantasy- und Science-Fiction-Film 🙂 

So schrieb ich also damals auf, was heute ohne jeden Zweifel für mich Wahrheit ist:

Buddha: Jeder auf dieser Welt war mal irgendwann unser Vater oder unsere Mutter. Besonders mit denen wir schwer zu kämpfen hatten, die begegnen uns wieder. Deshalb sollte man nicht von dieser Welt gehen, ohne sich ausgesöhnt zu haben.“

Die Konzentration nur auf uns selbst hindert uns daran, die universelle Wahrheit zu finden. Diese Wahrheit kann nicht erfahren werden, wenn es nur um unser eigenes Wollen, Sein-Wollen, Erreichen-Wollen geht. 

Rechte Erkenntnis tritt ein, wenn man angefangen hat, an der rechten Gesinnung zu arbeiten. Man erkennt, dass man weder durch die Sinne noch durch die Konzentration auf das eigene Ego inneren Frieden oder Glück finden kann. Die rechte Erkenntnis erfordert das ständige Üben bis man sieht, dass da keiner sitzt, der übt. 

Und mit diesem letzten Satz – auch wenn da keine getrennte Person existiert, die liest – möchte ich euch von ganzem Herzen ein schönes Wochenende wünschen, Monika  


3 Gedanken zu “Sich beugen können,…

  1. Hello my dear Monika l hope you aré well l was reading what you wrote it touched my heart AND it moved me a Lot until l cried l really like everything you write it Is always very true all these days l was very low AND l got a Lot she wrote it Is good for me to read what she writes because sometimes l am very depressed AND she makes me see things differently thank you l love her very much she is a very fighter woman in life l thank god who put her in my path she makes me feel so good l send her a big kiss AND a huge Hug l hope Leyla Is fine l miss her a Lot tell her when l see her l send her a big kiss AND a huge Hug l adore her she is beautiful l do not see her so much l hope l Will see her again soon she Will Also see me she Is very happy when l see her have a happy weekend 😭😭😭😭🙏🙏😘😘

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  2. ich sag mal etwas scheinbar einfacheres wäre seit geraumer zeit, nicht aufgeben, auch nicht am falschen knoten rumfummeln, um etwas zu entwirren, das lange vergeblich schien.
    ich hatte mich aufgegeben, jedenfalls kein sinnloses grübeln widerwiien.

    nun hat es gleich mehrere mehrere gründe ( nix abgründiges ), was kann ich tun, um mich gesundheitlich besser zu fühlen?
    relativ kurzer zeitsprung. inzwischen kann ich wieder hören und auf beiden augen sehen ( LASER OP ), beides eher glücksache, einen termin zu bekommen.

    doch mein kernroblem ist langfristiger art.
    mein gehproblen.
    trotzdem ging ich, soweit die füße tragen.
    ich bin nur besorgt, ob es hilfreiche optionen gibt.

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