Wie wichtig Meditation bei der Überwindung von irrealen Ängsten sein kann, möchte ich euch hier noch einmal darlegen. Als ich meiner wunderbaren Mutter (die wahrscheinlich schon ihr ganzes Leben lang unter Ängsten litt und immer noch leidet) mein Buch zum Lesen gab sagte sie, das ist ja alles schön und gut aber Meditation ist ja nichts für jeden und überhaupt, du bist keine Ärztin.
Da musste ich erst einmal schlucken. Das Verrückte ist jedoch, dass ich mit Hilfe von Yoga nach 30 Jahren Panikattacken endlich angstfrei geworden bin. Meine Mutter jedoch leidet noch immer unter Ängsten, obwohl sie ärztliche Hilfe in Anspruch nahm.
Als ich in der Lage war, meine Ängste zu durchschauen, dachte ich voller Freude, dass ich dieses Wissen jetzt auch an meine Familie (meine Mutter ist nicht die einzige mit Ängsten) weitergeben könnte. Dass ich ihnen zeigen könnte, wie man die Angst hinter sich lässt und ein völlig sorgenloses und freies Leben führen kann.
Das Problem ist aber gar nicht mein Buch oder das Meditieren, sondern dass sie die Angst überhaupt nicht anrühren wollen. Sie wollen sich mit der Angst nicht auseinandersetzen. Sie sagen, sie haben sich mit der Angst arrangiert. Sie wären jetzt zufrieden, so wie es ist. Dabei sehe ich, wenn ich zu Besuch komme, dass sie nichts anderes tun, als vor ihrer Angst davonzulaufen.
Sie fragen nicht nach, wie ich denn die Angst überwunden hätte, wie sich das Leben jetzt ohne Angst anfühlt oder ob man das mal zusammen ausprobieren könnte. Sie wollen nicht an der Angst rütteln. Das Thema Angst ist tabu. Deshalb fragt mich auch niemand, wie es mir wirklich geht, wenn ich dort einmal im Jahr aufschlage. Sie kommen mich nie besuchen. Sie fragen nicht, was ich so mache in der Ferne. In meinem Leben gibt es immer viel Bewegung. Da sind die Kinder, Begegnungen mit interessanten Menschen, Erdbeben, Wirtschaftskrisen, politische Krisen, Reisen, Umzüge, Yoga usw. Ich hätte wirklich viel zu berichten und täte das auch sehr gerne, aber da gibt es kein Ohr.
Mir wurde sogar der Mund verboten und bestimmte Wörter durfte ich auch nicht aussprechen, weil sie sich alleine dadurch schon bedroht fühlten. Meistens sitze ich nur noch da und schweige. Genieße die Nähe, die immer nur für kurze Zeit währt. Die Gespräche plätschern an der Oberfläche und in ihren Herzen rumort die Angst. Mir kann man nichts vormachen, denn ich kenne das alles selbst aus eigener Erfahrung. Alles wird getan, um die Angst zu verdecken, im Zaum zu halten. Ich weiß auch, wie schwer es ist, das zuzugeben und daher sagen sie lieber, du warst schon immer anders oder Meditation und Yoga und so ein Zeugs ist nichts für uns. Dabei kann jeder Mensch lernen, ohne Angst zu leben.
Ersetzen wir das Wort „Meditation“ mit der Definition „ruhig Sitzenbleiben“ und schauen, was in Körper und Geist passiert. Kann man jetzt noch etwas asiatisch Fremdes in dieser Übung erkennen, etwas, was wir von uns weisen müssen, weil es womöglich in Verbindung steht mit Yoga oder Spiritualität?
Warum wollen sich die Menschen nicht mal in Ruhe hinsetzen und schauen, was sich in ihnen abspielt? Das ist doch die wirklich wichtige Frage hier und nicht, ob ich Jura, Medizin oder überhaupt nichts studiert habe. Warum wird angegriffen, anstatt auszuprobieren? Weil eben Angst da ist, deshalb.
Wer meditiert (in Ruhe sitzt) erkennt schon nach den ersten 5 Minuten, dass er sich etwas vormacht. Und da sind wir beim wirklichen Problem. Niemand möchte das erkennen. Es könnte schmerzen. Angst vor der Wahrheit. Niemand kann wirklich damit zufrieden sein, mit diesen Ängsten zu leben. Meine Erfahrung ist, dass Ängste mein Leben völlig beherrschten und mich nur einengten. Es war ein Vermeiden von Leben und die extreme Suche nach (scheinbarer) Sicherheit und nicht ein freudiger Sprung ins tägliche Leben.
Wir könnten erkennen, was wir jeden Tag tun und dass wir das Leben so womöglich gar nicht führen möchten. Darauf weist uns die Angst eigentlich hin. Aber wir haben Angst vor Veränderung. Erst als ich mit Yoga und somit mit der Meditation anfing, konnte ich erkennen, wie ich jeden Tag tatsächlich nur auf der Flucht war. Es ist drastisch, aber tatsächlich kann ich heute sagen, dass ich mir des Lebens überhaupt nicht bewusst war.
- Nur durch das Innehalten entstand ein kritischer Beobachter in mir. Muss ich meinen Emotionen und Gedanken Glauben schenken und folgen? Was passiert in meinem Kopf und in meinem Körper? Woher kommt die Angst?
- Wer in stillen Augenblicken nicht mal reflektiert, kann auch nicht feststellen, wie Angst funktioniert. Und warum soll ich denn vor etwas davonlaufen, was ich noch nicht einmal kenne oder verstehe? Ist es nicht viel sinnvoller, diese Angst zu untersuchen und zu erkennen, dass das ein Mechanismus ist? Zu verstehen, dass sie völlig unbewusst auftaucht, weil unser Gehirn irgendwelche Signale über die Sinne aufnimmt? Dem Gehirn (Amygdala) ist es auch völlig egal, ob es sich um eine reale oder irreale Angst handelt. Angst ist Angst. Der Alarm wird immer in gleicher Art und Weise ausgelöst mit den typischen körperlichen Symptomen, wie Schweißausbruch, Adrenalinschub und Herzrasen…
- Nur durch ruhiges Atmen und achtsames Beobachten kann wahrgenommen werden, dass gleichzeitig Gedanken auftauchen, dich sich stets wiederholen, weil sie immer Erfahrungen aus der Vergangenheit heranziehen.
- Nur wenn wir ganz und gar im Augenblick bleiben und auf die Angst ohne Bewertung, ohne Widerstand blicken und sie somit nicht füttern, bis sie sich zur Panik aufbläst, erhält sie den Raum, den sie braucht, um zu erscheinen und wieder zu verschwinden.
- Hierfür brauchen wir einen ruhigen Geist. Auch wenn er noch redet und argumentiert und zur Flucht auffordert, gilt es sitzenzubleiben und zu beobachten, bis das Diskutieren im Kopf aufhört. Wir wachsen vom kritischen zum wertefreien Beobachter heran.
- Und für diese Beobachtung hat man den Namen „Meditation“ erfunden. Jeder kann dieses ruhige Erforschen nennen, wie er will, aber Fakt ist, dass wir die Angst nur verstehen können, wenn wir sie genau beobachten. Gerade so, als würden wir auf vorbeiziehende Wolken am Himmel schauen. Und hierfür haben die indischen Weisen die Meditationsübungen entwickelt. Sie sind in diesem Fall etwas anderes als autogenes Training oder sonstige Entspannungsübungen, da die Meditation auch das Erforschen beinhaltet und sich vom Zustand der Angst nicht entfernt, sondern vollkommen in diese Präsenz sinken möchte. Kein Ablenken und kein Verdrängen. Vielmehr verstehen, dass da nur Angst ist und dass das völlig in Ordnung ist.
- Womöglich wird dann auch erkannt, dass die Angst ein Teil von uns ist. Sie ist etwas ganz Lebendiges, vor dem man nicht davonlaufen muss. Womöglich will sie sogar auf etwas hinweisen und weil wir immer fortlaufen, erkennen wir es nicht und machen immer so weiter. Statt sich selbst zu schälen Stück für Stück, wie einen Apfel, bis man an das Kerngehäuse und die Wahrheit herankommt, schließen wir lieber wieder die Augen. Womöglich nehmen wir auch noch Tabletten, um so ein Leben fortzuführen, was überhaupt nicht gut für uns ist. Und wie will man das erkennen, wenn man nicht mal innehält und nur davonläuft?
- Wer meditiert kann erkennen, dass alles, was im Gehirn auftaucht, immer nur Gedanken sind, die irgendeinen Bezug zur Vergangenheit haben. Auch ein PC kann nur das verarbeiten, was einmal in ihn als Information eingespeist wurde. Und unser Gehirn unterscheidet sich von einem PC immer nur in den Augenblicken, wo Gedankenstille herrscht. Diesem leeren Raum entspringt Kreativität und Intuition. Dann sind wir wirklich frei von der Vergangenheit und absolut lebendig.
- Wer meditiert erkennt, dass sich hinter allen irrationalen Ängsten die Todesangst verbirgt. Und warum haben wir solche Angst vor dem Tod? Haben wir ihn schon einmal erlebt oder warum denken wir, dass der Tod etwas Schreckliches ist?
- Wer meditiert kann sich vielleicht auch irgendwann dem Tod hingeben und dann wird er feststellen, dass alles, was er je über den Tod dachte, nicht richtig ist. Dann löst sich auch der kritische und wertefreie Beobachter auf und es gibt nie wieder Angst vor irgendetwas.
Jeder entscheidet jeden Tag immer wieder aufs Neue, ob er ein Leben auf der Flucht vor der Angst führen möchte oder ob er mal innehält, auf die Angst zugeht, sie umarmt und dann statt selbst zu rennen, die Angst ganz friedlich von dannen ziehen lässt.
Das hätte ich gerne mal meiner Familie gesagt. Liebe Grüße an alle und ein schönes Wochenende.
Danke für den tollen und wahren Artikel!
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Liebe Ulrike, willkommen und Danke 🙂
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„Wenn du die Dinge schwarz werden siehst, freue dich, denn dies ist der Beginn des Werkes.“ Rosarium Philosophorum
Danke für den Beitrag Liebe Monika, den meine Wenigkeit gerade jetzt zu rechten Zeit lesen durfte. Bin derzeit etwas Online pausierend und werde mich eher rar machen, bis …. lieben Gruß.
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Lieber Arkis, ich habe es schon gemerkt und dich vermisst. Ich hoffe, es geht dir gut und sende ganz herzliche Grüße,Monika
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Liebe Monika, so allmählich erhalte ich ein Gefühl für die neue Mischung, nach dieser ad hoc melancholischen Nachtfahrt. Konnte die Nacht einiges kann Ballast abwerfen, und der Rückzug hält mir transformatorisch die Tür offen. Es ist ein lebenslanger Prozess, ein Auf und Ab, es ist nicht damit getan, wenn die Kundalini, bei mir doch jetzt schon vor einigen Jahren, mal aufsteigt, es geht wieder nach unten, und das Werk der Auflösung beginnt weider von neuem – Solve et Coagula. Danke für deine Zeilen.
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Und, deine ersten Zeilen sorgen dafür, dass ich erst mal wieder recherchieren muss 🙂
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🙂 http://www.arkanum.com/alchemie/Freimaurerei%20und%20Alchemie.pdf
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Vielen Dank für die Datei. Der Inhalt ist sehr faszinierend und ich erkenne die Parallelen zum Yoga. Wie schade, dass dieses Wissen unserer Kultur verloren gegangen ist. Mir ist es völlig fremd. Nur zufällig bin ich auch mal auf Johannes vom Kreuz gestoßen, als ich ebenfalls in der Dunkelheit festzustecken glaubte. Möge Dein Licht bald ganz hell leuchten lieber Arkis 🙂
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Danke! 🙂
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Liebe Monika
Ich bin seit kurzem soweit, dass ich imstande bin mir alles anzusehen und anzuhören (denn das Wort „anfühlen“ gibts ja ned) was sich da in mir tut und konnte leicht erkennen, dass die stärkste Angst in der Vorstellung des Todes liegt.
Und zwar in der „Endgültigkeit“ dieses Geschehens.
Und dass hier die Angstfrage auftaucht, ob ich auch wirklich alles „erledigen“ konnte, was für mein Leben bestimmt war.
Früher war ich sicher, dass ich Angst davor hätte nicht alles erlebt zu haben, doch tatsächlich ist es die Angst, nicht alles „erkannt und gelernt“ zu haben.
Und dazu kommt der Schmerz, dass ich eine Wunde hinterlasse bei Lebewesen, die mich brauchten.
Und es wurde mir klar, dass ich erst dann alle Angst vorm Tod verlieren werde, wenn niemand mehr zurück bleibt, der mich vermissen wird.
Nichts war grösser in meinem ganzen Leben wie die Verlustangst, und wenn ich dafür eine „Erklärung“ finden könnte, oder besser eine „Entschuldigung“, warum ich mich nicht sorgen sollte, dass ich anderen diesen Schmerz zufüge mit meinem Tode, dann – aber nur dann meine ich, dass ich auch in diese Angstfreiheit eintauchen, und jeden Tag, der mir noch bleibt geniessen könnte.
Du schreibst aber auch in Deinem Buch, dass viele Menschen ihre Ängste gar nicht wirklich loslassen möchten, weil sie dann einen Persönlichkeitsverlust fürchten, und dass dies doch ohne weiteres auch bei Deiner Familie der Fall sein kann.
Denn nicht alle Menschen haben einen solch starken Freiheitsdrang, wie Du ihn ganz offenbar hast, und finden darin deshalb auch keine „Erlösung“.
Vielleicht will Deine Mutter viel lieber über ihre Angst sprechen, sie mit Dir teilen und von Dir verstanden werden?
Hmm….sind nur meine Gedanken liebe Monika.
Hab noch einen schönen Sonntag mit viel Wärme und Geborgenheit im Herzen ❤
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Danke liebe Doris Barbara für deine Gedanken. und ganz viele Grüße zurück 🙂
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liebe Monika,
das beste was ich in diesen tagen tun konnte, dich mit diesem beitrag an den anfang meines neuen blogs artfragmente zu stellen.
eine schwierigen zeitreise, da vieles nur in fragmenten noch existiert, inclusive das nicht sichtbare, verlustangst, bewusstsein, existenz.
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Hallo Monika,
du hast da einen sehr interessanten Artikel geschrieben. Schön, dass dir Meditation hilft, bzw. geholfen hat, deine Ängste zu überwinden. Das hat mich dazu angeregt, doch noch einmal über Meditation in der Angstpräventation nachzudenken 🙂
Beste Grüße
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Herzlich willkommen und vielen Dank für den Kommentar. Meditation ist das Werkzeug, um sich seiner Konditionierungen bewusst zu werden. Die Freiheit liegt dann direkt hinter diesem ganzen Wirrwar von Gedanken :-). Liebe Grüße, Monika
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