Meditation bei Schmerzen

In dem Buch „Frei von Panikattacken und Flugangst“ habe ich im Detail beschrieben, wie sich mit Hilfe der Meditation Angstzustände auflösen. Ich möchte hier eine weitere Erfahrung hinsichtlich der Meditation mit euch teilen. Seit der Geburt meiner ersten Tochter vor 28 Jahren besucht mich regelmäßig die Migräne.

Früher habe ich gleich morgens, wenn die ersten Kopfschmerzen sich meldeten, Aspirin-Tabletten eingenommen, einen starken Kaffee getrunken und danach bin ich joggen gegangen. Das hat meistens geholfen. Ich konnte anschließend wieder „funktionieren“ und meiner Arbeit und Verantwortung nachgehen. Wenn diese Gewaltkur nicht half, lag ich erst einmal drei Tage flach. Anschließend trat dann die völlige Erschöpfung von den Schmerzen ein und nach ca. einer Woche war ich wieder einigermaßen in Ordnung.

Irgendwann jedoch konnte und wollte ich nicht mehr funktionieren. Ich hatte auch nicht mehr die Kraft und die Lust, mit meinem Körper, wie es mir nun schien, so brutal und rücksichtslos umzugehen. Das war auch die Zeit, als ich mit Yoga anfing. Gleichzeitig hatte ich auch Zugang zu Kundalini-Übungen, die manchmal sehr gut halfen und oft den Schmerz beseitigten. Dabei wurde der ganze Schulter- und Nackenbereich trainiert und mit bestimmten Atemübungen (mulabandha) extrem stark durchblutet. Das hatte den gleichen Effekt, wie das Koffein und das Joggen.

Nachdem ich immer tieferen Zugang zum Yoga erlangte und mich nun auch zeitlich völlig auf die innere Reise einlassen konnte, machte ich die Erfahrung, dass mit Hilfe der Meditation der Migräne-Schmerz stark nachließ und oft auch einfach verschwand. Diese Praxis habe ich dann auch bei allen anderen Kopfschmerzen und auch bei meinem gebrochenen Fuß angewendet. Es funktionierte bei jeder Art von Schmerz.

Wie kann das sein? Was genau im Gehirn und Nervensystem passiert, kann ich euch nicht erklären. Hierüber gibt es wohl inzwischen etliche Forschungsprojekte und die Wissenschaft versucht, diesem Phänomen auf die Spur zu kommen. Für mich ist es nicht wichtig, warum das aus wissenschaftlicher Sicht so ist, und deshalb habe ich mich auch nicht mit dieser Art von Literatur befasst. Fakt ist, dass mit Hilfe der Meditation das Schmerzempfinden auf jeden Fall extrem gelindert wird. Für alle Skeptiker hier ein Artikel im Spiegel, den ich dazu gefunden habe:  (http://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/hirnforschung-meditation-lindert-schmerzen-so-gut-wie-arznei-a-756573.html)

Ich möchte euch mitteilen, wie das bei mir abläuft, und vielleicht könnt ihr diese Methode nach ein gewissen Routine in der Meditation ebenfalls anwenden und auf diese Art und Weise einen anderen Umgang mit Schmerzen entwickeln.

Das Schlimmste war für mich am Anfang, dass die Schmerzen mich aus meinen für den Tag oder die Woche gemachten Plänen rissen. Sie zwangen mich nieder und alles, was ich mir vorgenommen hatte, musste sofort aufgegeben werden. So kamen also zu den Schmerzen noch Wut und Verzweiflung hinzu. Ich konnte nicht mehr das machen, was ich eigentlich vor hatte. Deshalb war es für mich im ersten Schritt erst einmal extrem wichtig zu akzeptieren, dass jetzt Schmerzen da waren und alles andere keine Rolle mehr spielt. Ich musste lernen, den Schmerz anzunehmen.

Mit dieser Akzeptanz für das, was jetzt hier ist, nämlich Schmerz, konnte ich mich in mein Zimmer zur Meditation zurückziehen. Sind neben dem Schmerz noch Wut oder eine andere starke Emotion vorhanden, kann man kaum in den Zustand der Meditation gelangen. Die aufbrausenden Gedanken werden euch nicht zur Ruhe kommen lassen, und der Atem kann daher nicht regelmäßig und langsam werden. Erst wenn kein Widerstand mehr da war, konnte ich mich gelassen auf die Atmung konzentrieren und trotz der Schmerzen Körper und Geist entspannen.

Mit der Konzentration auf die Atmung komme ich dann in einen Zustand, der es mir erlaubt, mich ganz auf die Meditation einzulassen. Atmung ist da. Hören ist da. Schmerz ist da. Ich fange an, mich auf alles gleichzeitig zu konzentrieren, was meine Sinne wahrnehmen können, und außerdem meiner ruhigen Atmung zu folgen.

So wird der Schmerz ein Teil von allem, was ich wahrnehme. Da ist im Bauch die Atmung. Ich nehme ganz aufmerksam alle Geräusche wahr und ich spüre in der rechten Gesichtshälfte den Schmerz. Der Schmerz ist jetzt nicht mehr so dominant. Er wird von mir nur noch so stark wahrgenommen, wie alle anderen Sinne Geräusche, Gerüche oder die Atmung wahrnehmen. Das ist schon eine große Erleichterung, wenn man keine Medikamente hat oder nehmen möchte. Der Schmerz wird erträglich.

Wenn der Schmerz jedoch so stark ist, dass ich ihn nicht ertragen kann, gehe ich ganz in ihn hinein. Ich gebe mich dem Schmerz völlig hin und stelle mir vor, ich bin der Schmerz. Ich weiß, Schmerz ist nicht da, um mich zu verletzen oder zu quälen. Er ist ein Teil von mir und will meine Aufmerksamkeit. Ist es ein Bauch- oder Zahnschmerz, so will er uns darauf hinweisen, dass etwas nicht in Ordnung ist und wir zum Arzt gehen sollen. Der Schmerz weiß nichts davon, dass wir leiden und ihn nicht haben wollen.

So merkwürdig, wie es sich anhört, aber ich versuche Mitgefühl und Liebe für diesen Schmerz zu entwickeln. Ich erlaube ihm, da zu sein. Mit mir zu sein. Ich lasse ihn so stark werden, wie er möchte und bin dann ganz und gar nur noch Schmerz.

Was dann passiert ist folgendes:

Entweder kommen mir dann irgendwann die Tränen und ich werde sehr emotional. Ich fange an, meine Kinder zu vermissen und sehne mich sehr stark nach Liebe und Aufmerksamkeit. Sobald ich diese Liebe bekomme, weil mein Mann oder meine Kinder in der Nähe sind, lässt der Schmerz nach. Ich weine ohne eigentlichen Grund einen ganzen Berg Taschentücher voll. Manchmal kommt aus einer mir unbekannten Tiefe ein Seelenschmerz, den ich mir nicht erklären kann und ich weine, als hätte ich gerade den liebsten Menschen an den Tod verloren. Ein unbeschreiblicher Lebensschmerz überkommt mich und ein starkes Mitgefühl für alle Wesen, die leiden.  Es ist mir selbst ein Rätsel, denn ich habe tatsächlich persönlich gar nichts zu beklagen. Das Verrückte ist jedoch, dass der Schmerz mit den Tränen immer schwächer wird, bis er ganz verschwindet. Als würde er mit den Tränen und dem aufkommenden Mitgefühl davonfließen.

Später habe ich gelesen, dass Eckhard Tolle diesen Schmerz als den Schmerzkörper bezeichnet. So als hätte er ein Eigenleben. Für die meisten Menschen wird sich das sehr absurd anhören, aber für mich fühlt es sich genau so an. Denn seitdem ich mich auf den Schmerz einlasse und ihm liebevoll begegne, kann er sich immer schneller auflösen. Wenn sich dann noch jemand mit Verständnis und Liebe um mich kümmert, mich massiert oder  mir Tee kocht,  geht es sehr schnell, bis der Schmerz sich verabschiedet.

Es fühlt sich wirklich so an, als würde ich die Schmerzen vieler Generationen in mir tragen und müsste ihnen immer dann, wenn sie erscheinen, meine Aufmerksamkeit widmen. Und dann mache ich das, was sie möchten, ich höre ihnen zu, damit sie sich anschließend wieder zurückziehen können.

Es kommt aber auch vor, dass der Schmerz sich ohne Tränen und Dramatik einfach von selbst auflöst, sobald ich mich ganz auf ihn einlasse. Das Pochen in der Schläfe und hinter dem rechten Auge wird dann erst unglaublich stark, weil ich mich ganz darauf konzentriere. Er wird so stark, dass er über dieses übliche Schmerzfeld hinausgeht und der ganze Kopf ein pochender Schmerz wird, der unerträglich zu sein scheint. Oft kommen auch noch Übelkeit und Schweißausbruch hinzu. Aber ich weiche nicht zurück. Ich bin bei ihm und lasse ihn zu. Er darf stark sein und so groß werden, wie er möchte. Manchmal fängt er dann an zu wandern. Vom Auge zieht er zur Nase, zur Wange oder zum Ohr. Auch das Kiefer kann schmerzen. Er geht von oben nach unten und ist plötzlich schwach oder ganz verschwunden.

Wenn ich trotz der Schmerzen in einen tiefen Zustand der Meditation gelange, bin ich ganz der Schmerz und ich weiß, Schmerz ist nichts anderes als Liebe. Darin löst sich dann alles auf. Dieses Erlebnis ist so schön, dass ich dem Schmerz sogar dankbar bin. Hat er mich doch dazu gezwungen, diese tiefe Erfahrung zu machen.

Wer chronische Schmerzen hat und nicht von Medikamenten abhängig sein möchte, der sollte den Weg der Meditation auf jeden Fall versuchen. Medikamente haben auf Dauer oft starke unerwünschte Nebenwirkungen. Die Meditation hingegen bietet nur schöne Nebeneffekte.

Ich wünsche euch allen ein wunderschönes Wochenende, Monika


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